Der 10. Tag des 7. Monats (Tischri = September/Oktober) war nach dem Gesetz ein Tag der Festversammlung, des Fastens und der Arbeitsruhe (3.Mo 16, 29. 31; 23, 7-32; 4.Mo 29, 7), an dem der Hohepriester für seine eigenen Sünden, die der Priester und die des gesamten Volkes vom Herrn völlige Versöhnung erwirkte (3.Mo 16, 17. 30. 33. 34; 23, 28). Dies war der einzige im Gesetz vorgeschriebene Fasttag und der einzige Tag im Jahr, an dem der Hohepriester das Allerheiligste der Stiftshütte und des Tempels betreten durfte (3Mo 16, 2. 3; Hebr 9, 7). Eine besondere Bedeutung hatte der V. in jedem 50. Jahr, wenn er nach 7 Sabbatjahren das Halljahr einleitete. Der V. wurde eingesetzt, nachdem die beiden Söhne Aarons umgekommen waren (3.Mo 16, 1. 2), als sie ein vom Herrn nicht angeordnetes Räucheropfer darbrachten (3.Mo 10, 1. 2). Abgesehen von den genannten Vorschriften im Gesetz wird er im AT nirgends mehr erwähnt. Im NT nennt ihn Apg 27, 9 als „das Fasten", und der Hebräerbrief nimmt verschiedentlich darauf Bezug. Der Talmud enthält eingehende Angaben, wie sich der Hohepriester auf den V. vorzubereiten und die verschiedenen Opferhandlungen durchzuführen hatte. Über die Wirkung sagten die Rabbinen: Der V. sühne die Sünden gegen Gott, die gegen den Nächsten aber nur, wenn man sich vorher mit dem ausgesöhnt hat, dem man Unrecht tat. Der V. als Zentrum und Höhepunkt des Opferdienstes wurde erfüllt und aufgehoben im Opfertod Jesu am Kreuz. Aus dem stets wiederholten „einmal im Jahr" (Hebr 9, 7. 25) des selber der Vergebung bedürftigen Hohenpriesters (Hebr 7, 27) ist nun das „ein für alle Mal" (Hebr 9,12. 26. 28) des sündlosen, ewigen Hohenpriesters Jesus Christus geworden (Hebr 7, 26. 28), der eine ewig gültige Versöhnung erwirkt hat (Hebr 9, 12. 28; 10, 12. 14. 18).